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House & Techno Klassiker im Jazzgewand


Mit stilübergreifenden Fusionen ist es ja so eine Sache. Auf der einen Seite verneigen wir vor Hybridakrobaten wie Jessy Lanza und Bonobo, die House mit Dubstep und anderen elektronischen Sounds so vermengen, dass etwas gänzlich Neues daraus entsteht. Andererseits kann es eben auch schnell belanglos werden. Vor allem wenn Jazz mit im Spiel ist. Auf 100 Veröffentlichungen à la "jazzy house sounds" kommt eine gute Platte. Besondere Vorsicht an der musikalischen Bahnsteigkante ist dann erforderlich, wenn vermeintliche Klassiker "aufgefrischt" werden. Sei es in die eine Richtung, also klassischer Jazz bekommt ne Bassdrum verpasst, als auch umgekehrt.


Eine erfreuliche Ausnahme macht da Christian Prommer. Der Mann hat mit Fauna Flash, Trüby Trio, Voom:Voom und als Solokünstler mehr qualitativ hochwertige Veröffentlichungen produziert als so manches Plattenlabel in 10 Jahren und dabei durchaus Musikgeschichte geschrieben. Vor allem Fauna Flash und Trüby Trio waren seinerzeit Pioniere in Sachen Downbeat und Loungemusik (ja, es gab mal ne Zeit, da war der Begriff noch keine Beleidigung).

Mit Drum Lessons Part I nimmt Christian Prommer sich eine ganze Reihe von echten House und Techno Klassikern vor und interpretiert sie jazzig neu. Das macht er teilweise so virtuos und komplex, dass ich das Original nicht herausgehört habe. Und das will bei Tracks wie "A Higher State Of Conscisciouness" echt was heissen. Gerade diese Platte habe ich bestimmt hunderte Male gehört. Auf dem Weg zu Parties, auf der Tanzfläche oder zu Hause. Einfacher ist es da mit dem Âme Überhit aus 2006, "Rej". Da ist das Original nicht zu überhören, aber die Jazzversion macht es einem nicht einfach, sie zu erschliessen. So komplex und teilweise irritierend schnell sind die Arrangements.


Letzteres gilt übrigens für das gesamte Album und ist meiner Meinung nach eher was für Jazzheads. Ich hatte mir das Album seinerzeit gekauft, weil ich Christian Prommer kurz vorher beim Auflegen bewundern durfte und sein Set so dermassen funky war, dass ich dachte, das Album müsste irgendwie ähnlich klingen. Tut es zwar nicht, dennoch höre ich es relativ oft. Immer dann, wenn mir der Sinn nach Jazz mit Wiedererkennungsfaktor steht. Die Originalversionen sind mir nämlich ausnahmslos alle ein Begriff. Keine große Kunst, "Trans Europa Express" von Kraftwerk, "Beau Mot Plage" von Isolee (Notiz an mich selbst: Mal wieder das ganze Album hören) oder "Strings Of Life" von Rhythim is Rhythim werden wohl den meisten unter Euch ein Begriff sein. Und falls nicht, wird es Zeit. Ist quasi musikalische Späterziehung in Sachen House und Techno und klingt heute noch super und vor allem zeitgemäß.


Mittlerweile gibt es auch einen zweiten Teil der Serie. Klingt auch nicht schlecht, aber ich bin mit Part I bereits gut bedient.

Musikgeschichte studieren bedeutet nicht Musikgeschichte zu schreiben, aber das kann noch werden


Hoppla, Caribou hat ein neues Album rausgebracht. Und was noch viel besser ist, der gute Mann geht wieder auf Tour und das Allerbeste, er bringt Jessy Lanza als Support mit. Auf die Dame freue ich mich fast ein bisschen mehr, als auf Caribou selbst. Ihr Debutalbum „Pull My Hair Back“ höre ich ziemlich regelmäßig und der Track „Keep Moving“ macht den Namen so dermaßen zum Programm, dass wir den ab und an auch spielen. So geschehen in unserem vorletzten Mixtape.


Jessy Lanza hat Musikgeschichte zwar noch nicht geschrieben aber immerhin studiert. Das scheint sich zum Einen auf ihre Fähigkeiten als Produzentin und Sängerin und zum anderen auf ihr Netzwerk sehr positiv ausgewirkt zu haben. Bei einem gehörigen Anteil der Tracks hat Jeremy Greenspan – seines Zeichens die eine Hälfte der Junior Boys – Pate gestanden. Und auf Hyperdub bringt man auch mal nicht so eben mal sein Debutalbum raus. Wir erinnern uns, Hyperdub haben neben vielen anderen auch illustre Größen wie Burial oder Kyle Hall unter Vertrag.


Jessy Lanza muss sich aber nicht verstecken. Ihr Sound bewegt sich an der Schnittstelle von Post Dubstep, R&B und – ja liebe Puristen und Musiknerds, das muss nichts Schlechtes sein – Syntiepop. Dramatisch-romantische Balladen wie “Strange Emotionen“ werden abgelöst von bassigen Nummern wie “Fuck Diamond“ und ab und an scheinen experimentelle Tracks durch, bei denen es einen nicht wundern würde, wenn James Blake hier Pate gestanden hätte. „Kathie Lee“ und „As If“ seien hier beispielshalber genannt.

Meinen Favouriten und Anspieltip habe ich bereits eingangs erwähnt, „Keep Moving“ ist ne super Nummer und ich bin überrascht, dass der Track offensichtlich von den üblichen Verdächtigen noch nicht auf acht Minuten in die Länge gezogen und für die Dancefloors dieser Welt kompatibel gemacht wurde. Kommt vielleicht noch, Robag Wruhme, Dixon oder Tale of Us, das wär doch was für euch!


„Pull My Hair Back“ ist ein gutes – wenn mit 36 Minuten Spielzeit auch recht kurzes -  Album, allerdings merkt man, dass es ihr Debut ist. Ab und an wünschte ich mir ein bisschen mehr Mut zum Experiment und tatsächlich ein bisschen mehr Wumms in den Tracks. Aber das wird sicherlich noch kommen und vielleicht wird sie auch genau das in den Liveshows umsetzen. Am 11.10. ist es in Hamburg soweit, Tickets sind am Start und ich werde pünktlich da sein. Schließlich will ich die Vorband nicht verpassen.


Bis dahin höre ich das Album auf Reisen, wie jetzt im Flieger von Hamburg nach Köln, beim Schreibtisch aufräumen oder beim Kochen.


Hybridelektronik für Menschen ohne Interesse am derben Drop


Wer unseren Blog schon eine Weile verfolgt, der weiss, dass wir an seichtem Sound wenig bis kein Interesse haben. Klar, auch wir hören Aphex Twin nicht beim Frühstück mit den Schwiegereltern, aber in Summe darf Musik schon eine gewisse Komplexität haben und uns beim Hören fordern.


A Green Meadow ist ein Soloprojekt von Sönke Düwer. Dieser umtriebige Herr ist uns wiederum vor allem durch seine Band Ensemble du Verre ein Begriff, deren aktuelles Album ziemlich regelmäßig im heimischen CD Player läuft. Während Ensemble du Verre seine Wurzeln klar im Jazz verortet, hat sich Sönke mit "A Green Meadow" der abseitigeren Seite von Post Dubstep und dubby Housesounds verschrieben.


Mein Favorit ist "Eclectic Compost". Rund um einen dunklen 4/4 Beat passiert eine ganze Menge Rauschen, Halleffekte und eine ganze Reihe anderer guter Zutaten, die wir an Dubtechno so mögen. Aber auch die anderen drei Tracks der EP sind atmosphärisch dicht aufgebaut und geben einem die Option - wen man konzentriert zuhört - eine Menge zu entdecken. So blubbert in "beautiful hartriegel" auch mal ein asiatisches Glockenspiel durch, bevor es von dem satten Bass wieder aufgesogen wird.


Überwiegend instrumental und damit fast ohne Vocals ist das die Art von Sound, die man aus meiner Sicht am ehesten Alleine hört. Schwer zu beschreiben, daher verweisen wir an der Stelle an die von uns seit Jahrzehnten verehrten "Hotze"-Macher Brinkmann&Kopetzki, die es in einem Cartoon perfekt auf den Punkt bringen. Man ersetze in folgendem Bild einfach "Burial" - den ich im Übrigen sehr schätze - durch "A Green Meadow" und ihr wisst, was ich meine:


Dieser Tage kommt die Debut EP auf Batterie Records raus und ist der Auftakt einer dreiteiligen Serie, die nächstes Jahr dann auch als Album veröffentlicht wird. Darauf sind wir sehr gespannt und freuen uns bis dahin über den Track "Goldlack" for free:



Achja, und wer mal genau wissen will, was das mit den ganzen Knöpfen und Tasten bei elektronischen Live Acts so auf sich hat, der möge sich folgendes Video anschauen. Sönke gibt uns da einen recht guten Einblick:


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