Anfang 2021 ist Christian - mein "best mate & brother in crime" - verstorben. Ich habe sein Spotify Account nach den Tracks durchforstet, die er in den letzten Monaten seines Lebens viel gehört hat und diese gemeinsam mit meinem Freund Stephan zu einem Mix verarbeitet. Für diesen Schmerz gibt es keine Worte - dennoch habe ich versucht, auf seiner Beerdigung die Richtigen zu finden.
Wir hören ein Singen im Raum – ein Singen im Raum
Wir jagen die Monotonie, Monotonie, Monotonie
Wir machen aus Stunden ein Jahr und
Mondschein aus unserem Haar
Ich habe lange überlegt, warum Christian dieses Lied so mochte und je mehr ich über unsere vielen gemeinsamen Stunden nachdenke, desto klarer wird es mir.
Christians größte Leidenschaft galt der Musik, ich kenne niemanden der sich akribischer in Musik verlieren konnte, treffender über sie urteilen kann und niemanden der sie lieber mit anderen geteilt hat. Ich habe in seinen Notizen einen schönen Satz gefunden: „Meine schönsten Momente hatte ich beim Auflegen oder beim Zusammenstellen einer Playlist oder eines Mixtapes für jemanden, den ich wirklich mag“.
Jeder hier im Raum, der schon mal eine Cassette, eine selbst gebrannte CD oder eine Playlist von Christian bekommen hat, der weiß, dass sich Christian Stunden dafür Zeit genommen hat, über den Menschen nachzudenken und diesem Menschen, den perfekten Soundtrack zu schenken. Christian hat in Musik immer mehr als ein Singen im Raum gehört und gefühlt. Natürlich immer mit hohem kulturellen Anspruch – Belanglosigkeit und Durchschnittliches waren Christian verpönt.
Daher ist die Songzeile - Wir jagen die Monotonie, Monotonie, Monotonie – sehr treffend. Christian ist ein Mensch des Anspruchs und der Tiefe. Sei es in Büchern, Musik oder Filmen. Und gerade in seinen Beziehungen zu anderen Menschen. Er hatte mir mal gesagt, dass er die meisten Menschen eigentlich nicht mag und dennoch hat er auch diesen Menschen kein schlechtes Gefühl gegeben, sondern sie vielmehr geschickt und unauffällig aus seinem Leben gebannt.
Weil er seine Tiefe und sein Facettenreichtum viel lieber mit den Menschen geteilt hat, die ihm lieb und wichtig waren. Für diese Menschen war Christian ein Geschenk – als Vater, Bruder, Sohn, Liebhaber und als Freund. Ich werde ihm immer dankbar sein, das Privileg zu haben, über 20 Jahre mit ihm befreundet zu sein.
Wir machen aus Stunden ein Jahr: Er hat häufig mit mir und sicherlich vielen anderen hier im Raum aus Stunden ein Jahr gemacht. Christian hat die Gabe, innerhalb von kurzer Zeit, Tiefe herzustellen und die Oberfläche schnell hinter sich zu lassen. Christian konnte durch durchdachte Fragen und aufmerksames Zuhören wahnsinnig viel über seinen Gegenüber herausfinden und hat selbigen immer zum Nachdenken angeregt. Daher sind mir manche Abende und Nächte im Nachhinein viel länger als nur einige Stunden vorgekommen , nicht zuletzt, weil Christians Humor außergewöhnlich ist. Ich wünschte, ich könnte ein Beispiel nennen, aber es wäre ein jämmerlicher Versuch, den speziellen Humor von Christian zu kopieren. Daher bleibt mir nur, dir zuzurufen - Lieber Christian, du wirst mir und allen hier mit deinem Humor fehlen. Mit wem sollen wir denn jetzt Tränen lachen?
Lieber Christian – und du wirst mir als Ratgeber in den substantiellen Fragen des Lebens fehlen. Nicht nur mir, sondern vor allem deiner Tochter Leni, deinen Eltern, Nicole, Chrissi und all den Menschen hier im Raum.
An Christians Kühlschrank hing ein Text. Eine Seite über die schwierigen Phasen im Leben und wie man aus diesen Phasen wieder herauskommt, so lange man nur die richtigen Begleiter an seiner Seite hat. Diesen Text möchte ich gerne mit euch teilen, weil jeder von euch ein wichtiger Begleiter in Christians Leben war und Christian ein wichtiger Begleiter für jeden von uns.
"Friend, I know your heart is broken; I know the future seems unclear to you; I know you feel the absence of answers right now; I know you feel a terrible longing for something you cannot name, but I am here with you.
Let's begin where we are. Let's not focus on the thousand of steps that will come on the path, but the place where we stand on the path right now. And there is only now!
Know that many others have gone through what you are going through. Know that sometimes it seems darkest before the dawn. But instead of longing for the dawn and rejecting the darkness, let us touch the dark parts with gentleness and light. Let us meet what is here, not rush toward what is not yet here. For even the darkest caveman contain treasure, and even the most intense and uncomfortable feelings may actually contain strong medicine.
Walk your path courageously, friend, and know that your loved ones walk with you."