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Von der Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor auf dem Dancefloor


Es ist nicht so einfach im elektronischen DJ- und Produzentenzirkus Protagonisten zu finden, die ihrer (und unserer) Leidenschaft - nämlich elektronische Musik in all ihren Facetten und Ausprägungen - mit einer gewissen Ernsthaft- und Nachhaltigkeit nachgehen. Einer, der Housemusic auf fast allen kulturellen Kanälen authentisch und intellektuell auf hohem Level bespielt ist Hans Nieswandt. Gekrönt hat er das aus meiner Sicht durch seine Berufung als künstlerischer Leiter des neu gegründeten Instituts für Populäre Musik der Folkwang Universität der Künste. Davor hat er Bücher geschrieben, Alben und Singles produziert, war für das Goetheinstitut im Namen elektronischer Musik in allen Herren Länder unterwegs und moderiert jeden Mittwoch eine sehr hörenswerte Radioshow.


Davon abgesehen ist er sein sehr guter DJ, der zwar auf den Flyern der großen Festivals nicht mehr in den fettesten Buchstaben angekündigt wird, dafür aber eine treue und musikalisch anspruchsvolle Fangemeinde hat und auf sehr crediblen Veranstaltungen wie dem Baltic Soul Weekender spielt. Langer Rede, kurzer Sinn. Der Mann macht spannende Sachen, produziert gute Musik und ist musikalisch immer auf der Höhe der Zeit und das schon seit einigen Jahrzehnten.

"The True Sound Center" ist mit Sicherheit eines der Alben, die auf der ewigen Top 50 Liste der von mir meist gehörten Alben relativ weit oben steht. Und zwar zu allen möglichen Gelegenheiten, weil es so wunderbar abwechslungsreich ist. Da findet sich schwelgerischer  Elektropop - "Ich Vermiss Die Zeit", "So fein" und Dr. Sommer - neben heute noch sehr zeitgemässem Deephouse “You don't know shake it“, gerne auch mit leichtem Diskoeinschlag wie auf "Gloria". Alles mit einem leichten Augenzwinkern und sich selbst nicht allzu ernstnehmend. Bei allem Humor weiß Hans Nieswandt aber auch wie man einen Dancefloor in Wallung bringt und wie man dafür sorgt, dass dies auch so bleibt. "Yeh Pump It" hält was der Titel verspricht und der Technoschieber "Anarkist" hätte auch auf Kompakt veröffentlicht werden können.


Gerade der Humor-Aspekt macht das Album so sympathisch, im Nachtleben gab und gibt es nämlich genug Künstler, die scheinbar irgendwie das Lachen verlernt haben. Das Interview mit Dixon und seinen Innervisions Kollegen in einer der letzten Grooveausgaben ist da nur ein Beispiel von vielen. Nicht falsch verstehen, Dixon ist ein Top DJ und Innervisions ein Label der Extraklasse. Aber ganz so derb muss man dann auch nicht auf Trommel hauen.


Bei Hans Nieswandt mag ich die Balance aus Humor, ja zum Teil ziemlicher Albernheit und ernsthaftem Tiefgang. So veröffentlicht er Bücher, wie "Dj Dionysos Geschichten aus der Diskowelt", die mehr als zugänglich und lesbar sind,  ist aber gleichzeitig im Auftrag des Goethesinstituts unterwegs.


Und das nicht ohne Grund, wer in der Süddeutschen Zeitung Sätze, wie "Die Tanzfläche ist ein guter Ort - wie eine Kirche oder ein Berggipfel -, um sich der Merkwürdigkeit des Vorhandenseins im Universum bewusst zu werden: die Endlichkeit und die Unendlichkeit, die eigene Bedeutung und Nichtbedeutung" von sich gibt, für den ist scheint den Dingen gerne und mit viel Leidenschaft auf den Grund gehen zu wollen.


Liebe TWBA, ihr habt euch getrennt. Vielleicht könnt ihr trotzdem Freunde bleiben!


Wer "Vorteile einer Trennung" oder "das Schönste an einer Trennung" googelt, der bekommt allerlei Lebenshilfe und vor allem einen Einblick in das Gefühlsleben von Mitmenschen, denen es mit Sicherheit noch schlechter geht, als einem selbst. Und allein das führt oftmals dazu, dass sich die eigene Laune hebt. Besonders empfehle ich in diesem Kontext das Portal www.trennungsschmerzen.de und da die Rubrik “Schreibt hier eure sms und nicht an den Ex“. Eine spontane Umfrage unter den Freund/Innen mit hoher Trennungsfrequenz ergab zu den oben genannten Stichworten folgendes Ergebnis: Man denkt vor allem an die schönsten Momente der Beziehung zurück.


Das machen wir jetzt auch: The Whitest Boy Alive haben sich nämlich pünktlich zum Beginn des Sommers getrennt und bei dem einschlägigen interessierten Publikum durchaus für Betroffenheit gesorgt.


Bei mir hat es dafür gesorgt, dass ich nach vielen vielen Jahren überhaupt mal wieder deren Alben in die Hand genommen habe. Und tatsächlich, die deutsch-norwegisch Indietronic Band rund um den Obersympath Erlend Oye war und ist wirklich gut. Am ehesten noch mit dem Synonym "Indie-Dance-Pop" beschrieben bereiten die Tracks wirklich gute Laune. Nicht für den Dancefloor produziert und dennoch dafür geeignet kann man das auf Albumlänge wirklich gut hören. Der Großteil des Albums ist zwar leichte Kost und damit für den Sommer bestens geeignet; aber trotz aller Leichtigkeit ist der Sound keinen Moment belanglos. Dafür ist Erlend Oye - bei allem Humor in seiner Liveperformance - ein viel zu ernsthafter Musiker. Manche Tracks - allen voran "Courage" und "Timebomb" - haben bestimmt auch ihren Weg auf den ein oder anderen Housefloor in diversen Clubs gefunden. Auch mit Recht, trotz analoger Produktion kann man dazu mit der richtigen Anlage sicher auch gut tanzen. Der Rest des Albums ist klar dem Pop verschrieben und das ohne Lückenfüller oder Ausfälle. Am besten gefallen mir in dem Zusammenhang "Dead End" und "Keep a Secret". Aber macht euch selbst ein Bild, hier gibts das ganze Album im Stream:

Langer Rede, kurzer Sinn: Die Trennung ist kein Grund zum Verzweifeln. Mit dem Album möchte man unbedingt weiterhin befreundet bleiben und Erlend Oye arbeitet aktuell an einem neuen Album mit einer Band namens Hjálmar. Klingt doch auch ziemlich sexy, oder?


Die Suche nach dem perfekten Mixtape hat ein Ende


Mit Mix-CDs ist es ja so eine Sache. Im Netz finden sich unendlich viele DJ Mixe von Bedroom-DJs, die damit auf den großen Durchbruch hoffen. Manchmal klappt's ja auch, wie man an dem Phänomen “Falscher Hase" sieht, in vielen Fällen sind aber gerade diese Mixe eine recht lieblose Aneinanderreihung von beliebigen Tracks, die gnädiger weise dank Traktor wenigstens noch erträglich gemixt sind. Dann gibts viele Promo-Mixe von bekannten DJs, die häufig gut - erwähnt seien hier, die Mixe auf resident-advisor.net - aber eher für den schnellen Konsum gemacht sind. Aus diesem Grund haben schon diverse Menschen der klassischen Mix-CD ein langsames aber unaufhörliches Sterben prophezeit. Das glaube ich nicht, ich bin fest davon überzeugt, dass es im elektronischen Kontext eine Reihe von Liebhabern gibt, die Spass daran haben, einen ausdifferenzierten und gut durchdachten Mix oft zu hören. Dazu muss der Mix aber das klassische Muster durchbrechen: Zwei deepe Platten als Warm-Up, dann sieben Tracks Vollgas und dann noch drei verkopfte Stücke, die den künstlerischen Anspruch darstellen. Das ist viel zu wenig und dafür braucht es heutzutage das Format Mix CD auch nicht mehr. Ein DJ Mix kann im Übrigen auch nicht das Erlebnis einer Clubnacht widerspiegeln. Dazu muss man schon rausgehen.

Ich finde eine Mix CD muss einen auf eine Reise mitnehmen, verschiedene Stilrichtungen zu etwas Neuem verbinden und zum aufmerksamen Zuhören einladen. Und zwar so sehr, dass man die CD häufig hören möchte, weil sie einem jedes mal Neues offenbart. Quasi ähnlich wie bei einem Album, mit dem Unterschied, dass man auf diese Weise viele neue Künstler kennenlernt. Eine der besten Mix-CDs der letzten Zeit kommt von "Acid Pauli". Martin Gretschmann hat Anfang 2000 mit einem Projekt namens "Console" bereits ein Album veröffentlicht und - das wusste ich bis dato auch nicht - ist Teil der  Band "The Notwist", die sich dem fordernden Indie-Sound verschrieben haben und jüngst ein neues Album released haben. Neben diesen Projekten war Acid Pauli lange Zeit Resident DJ im Spielplatz für Erwachsenen #1, der Bar 25.


Keine der beiden Mixe zielen unmittelbar auf den Dancefloor, sondern bestehen vor allem aus deepen und verspielten Stücken, die in den seltensten Fällen bis zum Ende laufen, sondern oft nur drei Minuten dauern. Dennoch wirkt es nicht zusammengestückelt, sondern wie aus einem Fluss. Das ist vor allem der ausgefeilten Technik von Acid Pauli geschuldet, der viele Stücke auch live direkt einspielt und sämtliche technischen Möglichkeiten nutzt. Bei der  Trackauswahl vor allem auf CD1 merkt man dem Herrn seine häufigen Auftritte in der Bar25 an. "Nu", "Kadebostan", aber auch "Move D" und unser Hamburger Lieblingsgroover "Stimming" machen in Sachen deepes Dancefloor-Moving keine Gefangenen. CD2 nimmt den groovenden Ball mit "DOP", "Gunja & Nicone" oder "Kabala & Liebe" auch bis zur Hälfte der CD auf. Dann wird es experimentell und damit noch interessanter. "Black is "Beautiful", die unvermeidlichen "Autechre" oder auch "The Band That Never Met" nehmen den Hörer mit auf eine Reise in die eher komplexen Randbereiche elektronischer Musik. Wem das übrigens gut gefällt, dem sei Acid Paulis' Album "Mst" empfohlen.

Die knapp zwei Stunden Mix werden nicht eine Sekunde langweilig und ergeben ein sehr harmonisches und rundes Stück Mixkultur. Wunderbar zum Hören alleine oder zu zweit. Letzten Endes nicht wirklich was für den Club, lieber für den Weg nach Hause.


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