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Trust me, you can dance - Sincerely yours, Vodka


Lieber Freundeskreis des enthemmten Musikgenusses, heute mal Kopfkino mit verlinkter musikalischer Untermalung. Von uns, für Sie.


Jemand lädt zu einer lockeren kleinen Sause in der eigenen Wohnung ein. Mehr Menschen als Platz, macht nix, irgendwie sind alle freundlich und ausgelassen - Jemand holt Wodka und Bier von der Tanke, viel Wodka und Bier - Drei sympathische Jungs schließen ihr mobiles DJ-Equipment an die Anlage des Hausherrn. Keiner von den Dreien kann mixen, nicht schlimm, einer kann singen. Alle spielen in ungeahnter Reihenfolge ihre Lieblingsplatten - Es kommt Bewegung in die Menschenmenge - Immer weniger Platz, immer mehr Schnapps und Bier - Es groovt und groovt, erste YEAAHHHH Rufe - Abstände zwischen den Platten werden kürzer, es müssen ja noch hunderte Lieblingsplatten gespielt werden. Übergänge werden langsam abenteuerlich, die Tanzrituale entwickeln sich reibender- und reihenweise in südliche Gefilde - Der Hausherr gibt auf, das Ganze wird seinen Lauf nehmen - Erste 80er Sounds - Hübsche Mädchen tanzen Limbo. Aus den 80ern wird schnell Techno.


- Charmante Mädchen tanzen immer wilder und die coolen Jungs nicken langsam auch die Köpfe - Zwischendurch wird der Sound schmusig, keine Sorge, nicht lange - Keine Cola / Fanta / Tonic / Bitter / Red Bull mehr da, aber noch genug Wodka und Bier - Sogar die "vernünftige" (=langweilige) Freundin der Freundin des Hausherrn ist wasted und tanzt nicht mehr um die eigene Handtasche rum. Sondern unter einem der hübschen Jungs. Immer mehr Menschen, immer weniger Platz, aber alle werden immer netter - und wilder - Langsam leert sich das Haus, außer denen die knutschen - Von den Jungs am DJ Pult kann nur noch einer gerade so stehen und der spielt jetzt die Platte, die er den ganzen Abend spielen wollte, aber nicht durfte, zu viel “underground“ und so- Der fällt jetzt auch um -



Wir nicht


Good Night

Nichts fürs dänische Ferienhaus, und gerade deshalb genial


Eins vorab: "The Last Resort" ist ein Meisterwerk in Sachen Düsterheit. Jeder einzelne Track schafft es eine Atmosphäre zu schaffen, die einen im dänischen Ferienhaus im Herbsturlaub so schnell nicht einschlafen lassen würde. Und dafür liebe ich das Album. Wie oft habe ich die auf nächtlichen Autofahrten, im Zug beim "Aus dem Fenster gucken" oder während eines Spaziergangs am Hafen gehört. Und jedes Mal war ein anderer Track mein Favorit.


Das Album startet mit “Take Me Into Your Skin“ dass sich mehr als 6 Minuten hochschraubt, um dann kurz durch zu starten und dann sanft aus zu laufen. Für "Vamp" scheint "Alter Ego" Pate gestanden zu sein. Das Geknarze im Hintergrund kommt mir in dem Zusammenhang nämlich ganz bekannt vor und "Evil Dub“ oder "Nightwalker" hätten auch auf Basic Channel erscheinen können.

Always Something Better“ und "While The Cold Winter Calling" bedienen sich mustergültig aus der Ambient-Ecke ohne jemals belanglos zu werden.


Das Album ist zwar überwiegend elektronisch, aber mit Sicherheit kein Technoalbum. Dafür ist es viel zu gut hörbar und hat - trotz fehlender Vocals - auch durchaus Songstrukturen. "Moan“ war seinerzeit auch ein ziemlicher Clubhit, wobei ich ehrlicherweise sagen muss, dass das größte Trentemoellersche Clubmonster gar nicht auf dem Album ist. Das ist nämlich sein Remix für Martinez' "Shadowboxing" - wie ich finde.


In meinen Augen scheint Trentemoeller allerdings den Zenit seiner innovativen Schaffenskraft hinter sich gelassen zu haben. Fest zu stellen an dem Konzert im "Uebel & Gefährlich Hamburg" auf einen Samstagabend. Vor einigen Jahren hat der gute Mann morgens um vier an gleicher Stelle angefangen zu spielen und wir sind um drei schon nicht mehr reingekommen. Gestern war das anders.


Das Konzert war vielleicht zu drei Viertel gefüllt und auch kein echter Reißer. Nur in wenigen Momenten hat Trentemoeller plus Band die Energie erzeugt, die man von deren Veröffentlichungen erwarten könnte. Richtig enttäuscht haben mich die Visuals - es gab keine - und in Sachen Lichttechnik habe ich auf einem Open Air am hellichten Tage schon Besseres gesehen.


Ehrlicherweise haben mich aber schon die beiden letzten Alben "Into The Great Wide Yonder" und "Lost" nicht wirklich überzeugt. Uninspiriertes Getöse an der Schnittstelle zwischen Techno und Gitarre mit hin und wieder eingestreuten Sounds, die wohl an Aphex Twin erinnern sollen, aber eher nerven. Merke: Alles was nach Aphex Twin klingt, ohne Aphex Twin zu sein, NERVT.

Aber das macht "The Last Resort" nicht schlechter, das Album ist sensationell.



Mahlzeit! - Jazz & House für Lunch & Dinner


House und Jazz ist eine unheilvolle Kombination. Unheilvoll deshalb, weil es so einleuchtend klingt unter ein seichtes Saxophon Gedudel eine Bassdrum zu legen und das Ganze dann innovativ zu nennen. Ist es nicht, zu bestaunen an furchtbaren CD Reihen wie Jazz In The House von denen es mittlerweile die 14. Ausgabe gibt. Eine langweiliger und einfallsloser als die Andere.


‎St. Germain bilden da eine sehr lobenswerte Ausnahme. In einer Alltime-Aufstellung der Alben, die ich am meisten gehört habe, liegen die beiden Veröffentlichungen "Tourist" und "Boulevard" auf jeden Fall in den Top 10. In den allermeisten Fällen tatsächlich beim Kochen oder Essen. Mit Freunden und Familie oder alleine. Deshalb beschreibe ich heute auch ausnahmsweise beide Alben in einer Rezension.


Der Sound ist deep und unaufdringlich, aber auf keinen Fall seicht. Die Jazzelemente mit Saxophon, Trompete und Klavier klingen nie auf den klaren Housefokus aufgesetzt, sondern harmonieren rund und groovend. Man  kann sich das auch wunderbar live in einem verrauchten Jazzkeller vorstellen. Auch wenn ich glaube, dass sich die Tracks in den meisten Fällen eher in den Clubs dieser Welt wiedergefunden haben. Schade eigentlich, würde den ein oder anderen verstaubten Jazz Fetischisten auch mal aufrütteln.


St. Germain aus - tatsächlich - St. Germain-en-Laye hatten seinerzeit (1995 und 2000) mit den beiden Alben auch durchaus Publikumserfolg. Beide Platten verkauften sich zwischen 200.000 und 300.000 mal, was ich für die Art von Sound beachtlich finde. Beim Recherchieren stelle ich im Übrigen gerade fest, dass es noch ein drittes Album namens "From Detroit to St. Germain" gibt. Da höre ich gelegentlich mal rein. Musikalisch stecken mehrere Künstler hinter dem Pseudonym. Kopf der Bande ist aber unbestritten Ludovic Navarre.


Es fällt mir schwer auf beiden Alben klare Favoriten fest zu legen. Sicherlich "So Flute"mit dem genialen  Flötenloop oder "Deep In It", für das der Begriff "deep" offensichtlich erfunden wurde. Auch "Land Of", das sich viel näher an Jazz als House bewegt macht viel Spaß und überzeugt auch den ein oder anderen Jazzhater.  Letzendes gibt es aber auf beiden Alben überhaupt kein Füllmaterial oder gar echte Ausfälle. Das hängt wohl damit zusammen, dass  Ludovic Navarre handwerklich gut produziert und musikalisch keine halben Sachen macht.


Anspruchsvoll im Sinne von anstrengend ist St. Germain nicht. Wer also musikalisch Forderndes an der Schnittstelle zwischen Jazz und House sucht, ist beispielsweise mit "Duo" von Hendrik Schwarz und Bugge Wesseltoft besser bedient. Auch eine tolle Platte, aber viel komplexer und vielschichtiger.


Wie gesagt, hört die Alben beim Essen und Kochen oder beim Wein mit Freunden. Da gehören sie hin und klingen auch nach mehr als 15 Jahren frisch wie Austern in Weißweinsauce. Das freut dann auch die französischen Macher dieser beiden Meisterwerke.






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