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House jenseits der üblichen Knöpfchen- und Reglerartisten, dafür mit Hans Albers


Keine Ahnung ob es am Alter liegt, an der Tatsache, dass ich derzeit viel auf Konzerte gehe oder daran, dass ich von den reinen Knöpfchendrehern und Reglerschiebern, die sich zuhauf im elektronischen Umfeld tummeln schlicht schon lange nicht mehr überrascht worden bin. Was auch immer, ich habe an Bandprojekten, die House und Techno mit Jazz, Soul oder Indie zu spannenden Hybriden vermengen, wirklich einen Bären gefressen. Sei es Kalabrese, Saschienne oder die neue Platte von Wareika, alles bombastische Platten und tolle Live Acts.

Jacob Seidensticker - einer der Mitbegründer der Band - habe ich im Hamburger Nachtleben schon seit langer Zeit immer wieder gesehen und gehört. Eines Nachts durfte ich den Rest der Truppe dann live im Uebel & Gefährlich Hamburg in Hamburg erleben. Für mich völlig unerwartet ging gegen drei Uhr morgens der Vorhang auf der Bühne auf und die drei Herren haben losgelegt was das Zeug hält. Logischerweise habe ich mir umgehend das Debutalbum Formation besorgt und seitdem immer wieder gehört.

Der Nachfolger “Wternal“ ist auf dem durchaus crediblen Houselabel "Visionquest" erschienen und das merkt man dem Album dahingehend an, da es klar auf House fokussiert ist. Auch wenn in Tracks wie "Floor Morphosis" oder "Black Sea" der Funk durchsuppt und in "Madame Scorpion" Dub Techno mehr als nur zitiert wird - die Himmelsrichtung ist House und das kann man sich auf Albumlänge herrlich anhören. Keine Lückenfüller, kein austauschbares Getröte und in Summe gerade so fordernd, dass man spürt, dass es sich im Club noch besser anfühlen würde als zu Hause. Anspieltipp ist die Hans Albers Hommage “La Paloma“ - auch weil das der einzige Track ist, auf dem die Vocals in deutscher Sprache sind. Klingt gut und lässt einen Hamburger - oder Menschen, die sich so fühlen - schön sentimental werden.


Wternal ist aus meiner Sicht das perfekte Album für einen gelungenen Start ins Wochenende und dann am Besten, wenn man vorhat sich in einen Club zu begeben. Schön laut in der Wohnung oder auf dem Fahrrad und dann ab in die Nacht.



Popalbum vom Minimal Techno Produzenten zum Schnaps trinken und Blödsinn quatschen


Spannend wird es auf Albumformat immer dann, wenn die jeweiligen Künstler sich neuen Stilrichtungen öffnen. Dubstepheads, die Technoalben produzieren, HipHop Leute, die sich House zu wenden oder Minimal Acts, die Pop eine neue und interessante Wendung geben. Ich hatte Matthew Dear lange Zeit vor allem als Produzenten verspulter Minimanltracks, beispielsweise für Richie Hawtins Label minus, auf dem Radar. Für den Club ok, aber nichts zum Hören.


Das hat sich mit der Veröffentlichung von "Asa Breed" gehörig geändert. Matthew Dear ist ein wirklich vielfältiger Künstler, der sich auf dem hervorragenden Album aus 2007 dem Pop und sogar Wave zwar öffnet, aber die klare Linie seiner elektronischen Produktionen beibehält. Eine Zeit lang habe ich das Album rauf und runter gehörig und das aus gutem Grund.


Trotz allem Popappeal basiert fast das ganze Album auf einem geraden 4-to-the-floor-beat und gibt damit klar die Richtung vor. Hier wird kaum geträumt und nachgedacht, sondern vor allem die erste Hälfte des Albums zieht einen mit aller Kraft auf die Tanzfläche eines kleinen Kellerclubs. Dafür werden alle Register gezogen. Acidsynties mit einer Killer-Hi-Hat auf dem Opener "Fleece On Brain", pumpendes Minimalgeklicker auf "Elementary Lover“ oder "Will Gravity Win Tonight" und kickend-alberner House à la Erlend Oye mit “Pom Pom". Jeder der Tracks auf dem Album ist geprägt von Matthew Dears eindrucksvoller Stimme.



Auf der zweiten Albumhälfte nimmt Dear das Tempo raus und legt den Fokus eher auf Indie im eigentlichen Sinne. Auch das hört sich gut an. "Death to Feelers" ist ein herrlich schwelgerischer Popsong, "Give Me More" kann man schon fast in die Singer / Songwriter Schublade stecken und "Midnight Lovers“ hätte  in seiner verschleppten Dramatik auch den Doors gut gestanden.


Alles in allem ein wirklich gutes und abwechslungsreiches Album zum Lauthören, Schnaps trinken, Blödsinn reden und im Wohnzimmer tanzen. Seit Asa Breed kamen noch zwei weitere Alben raus und in die höre ich jetzt direkt rein. Live scheint der gute Mann übrigens auch ein Erlebnis zu sein; mit Bigband und Anzug zu perfomen steht dem Herrn auf jeden Fall gut, wie das folgende Video beweist.


Jazz ist nicht tot, er riecht auch nicht komisch, sondern frisch wie Babypups...das geht raus an alle Crews


Musik wird dann richtig interessant, wenn sich einem der Sound nur an speziellen Orten erschließt. Bei "Duo" war dieser Ort für mich tatsächlich ein Museum. Die Hamburger Kunsthalle nämlich. Aber Eins nach dem Anderem.


Wir haben an anderer Stelle uns schon über das Für und Wider von Jazz im Allgemeinen ausgelassen. Ehrlicherweise  finde ich den Zugang zu Jazz immer nur phasenweise. So habe ich in den Jahren 2005 bis ca. 2008 viel Jazzalben gekauft und war auch auf einigen Konzerten, um dann abrupt bis heute dem Jazz quasi zu entsagen.

Mit einer Ausnahme. Die Ankündigung eines gemeinsamen Albums von Henrik Schwarz und Bugge Wesseltoft hat mich seinerzeit tatsächlich ein bisschen in Aufregung versetzt.


Henrik Schwarz ist meines Erachtens einer der innovativsten Produzenten elektronischer Musik und hat mit seinen Veröffentlichungen auf Innervisions und seiner zeitlosen DJ Kicks Compilation (elektronische) Musikgeschichte geschrieben. Bugge Wessetoft ist ein begnadeter Jazzpianist aus Norwegen, der bombastische Alben produziert hat. Beispielhaft sei hier “New Conception Of Jazz“ genannt. Ein gemeinsames Album der beiden klingt nach einer Hochzeit im Musikhimmel.


Vorab, Cover Artwork ist irreführend. "Duo" ist keine einfache Kost und wer darauf hofft, ein Housealbum mit Jazzelementen zu hören, der ist mit anderen Künstlern, wie zum Beispiel St. Germain, auch besser bedient. Die Tracks auf"Duo" sind komplexer Jazz und der Einfluss von Henrik Schwarz ist eher so zu verstehen, dass er mit mutmaßlich Ableton Live ein weiteres "Instrument" beisteuert. Und das klingt innovativ und aufregend, aber erschließt sich nicht beim ersten Hören. Die meisten Tracks sind zwischen sechs und acht Minuten lang und lassen sich im Aufbau - ähnlich vieler elektronischer Produktionen - Zeit. Basierend auf immer wiederkehrenden Loops werden Elemente dazugefügt und wieder entfernt, was das Ganze manchmal wie ein spontanes Jamming klingen lässt.



Mein persönlicher Anspieltipp ist “Leave My Head Alone Brain", die Platte ist ursprünglich ein "echter" Housetrack von Henrik Schwarz und klingt verjazzt sogar noch interessanter. Aber auch unter den anderen Tracks findet sich kein Füllmaterial. Man merkt dem Album als Ganzes an, dass es von zwei Vollblutmusikern produziert wurde. Die Beiden fordern Ihre Hörer und das kann - zur falschen Gelegenheit gehört - anstrengend klingen.


Auch wenn es komisch klingen mag, am besten habe ich das Album verstanden, als ich es während einer Ausstellung zeitgenössischer Kunst in der Hamburger Kunsthalle gehört habe. “Kammermusik oder “First Track“ auf dem Kopfhörer zu hören und dabei sehr lange ein abstraktes Kunstwerk zu betrachten, hat sich gut und richtig angefühlt. Und wenn die Beiden wieder live auf Tour gehen sollten, dann werde ich das auf keinen Fall verpassen.





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