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1 super Band, 4 coole Typen, 5 gute Alben, 27 begeisterte Konzertbesucher und ein Interview das Einiges offenbart


Stellt euch vor, ihr kommt aus Kanada, seid Teil einer hinreichend talentierten Band, habt ein wirklich gutes Album - das Fünfte - produziert und seid auf Deutschlandtournee. Ihr spielt in Heidelberg, in Köln und in Berlin. Und in Hamburg. Und dann sind da 27 Gäste. Das ist keine besonders schöne Vorstellung und fühlt sich mutmaßlich nicht gut an. Wir waren Teil des 27-köpfigen Publikums, durften ein bombastisches Konzert erleben und haben nach der Show mit dem Sänger und Kopf der "Islands“ - Nick Diamonds - gesprochen.


Q: We just wanted to grab some beers and listen to good music. That worked

out great. Unfortunately we don’t know much about your band “Islands”.

So, why don’t you tell us something about you guys?

A: We are a cool band from Canada and basically we are the coolest band

which ever existed.

Q: That’s a clear answer. So how many albums have you already published?

A: We are so cool and so underground that we have five albums.

Q: Okay, so why do I only see one album here for sale?

A: Well, because all the other albums are on evil cooperations and evil

labels which we think are evil and shit. And this is the first record on

our own label. It’s the only pure record. Everything else is garbage.

Q: Does it have a name?

A: It does have a name. It’s called Manque Music, which is French for the

verb “missing”. It’s sounds and looks like a monkey.

Q: There is a label in Germany called Monkey Mafia, but that’s rather the

techno/dubstep type of thing.

A: Okay, we hate techno and we don’t approve techno music. But we love

monkeys, ‘cause monkeys are cool.

Q: We love Techno, but that doesn’t matter right now, so next question.

What’s your role in the band?

A: I am the writer and architect and the mastermind

Q: What was your motivation to produce the album?

A: I don’t know, I am loosing the plot. I don’t know what my motivation is.

Desparation, belonging, desire to feel to be part of something, to

communicate. I don’t know, I don’t care any more. I don’t give a fuck about

that business anymore. I am out, that is the last thing I will ever do and

the last record I will ever make. I'm gonna become a carpenter or an auto

mechanic. I don’t care about music. Music turned its back on me.


Die Reaktionen von Nick haben mir deutlich gemacht, wie schwer es heutzutage ist, als Band erfolgreich zu sein oder wenigstens ein einigermaßen auskömmliches Auskommen zu erwirtschaften. Auch wenn man schon fünf Platten veröffentlicht hat und einige Shows im Jahr spielt. Offensichtlich reichen musikalisches Talent, Coolness und mehr als genug Rampensau-Attitüde nicht mehr aus, um ein großes Publikum zu erreichen. All das ist bei "Islands" nämlich ausreichend vorhanden. Mir fehlen die Einblicke in die Mechanismen der Musikindustrie, aber ich vermute mal, dass das Wichtigste ein offenes und neugieriges Publikum ist, das im besten Fall zu Fans wird.


Und "Islands" machen es Einem damit nicht schwer. Musikalisch irgendwo zwischen "MGMT“ und den "Beach Boys" zu verorten, machen die Tracks auf "Ski Mask“ wirklich Spaß. Sowohl das etwas melancholisch angehauchte "Wave Forms" oder das etwas dramatischere "Becoming The Gunship" haben Ohrwurmpotential. "Nil" klingt nach ner frühen Beatles Platte "Shotgun Vision" ist experimentell genug, um auch den kritischen Musiknerd zufriedenzustellen. Das Ganze bringen die Typen live auch sehr gut und mit der nötigen Begeisterung rüber. Im Ernst, das ist ne gute Band, die mehr als 27 Gäste verdient und sogar noch ne Zugabe gespielt hat. Obwohl man ihnen dann auch irgendwann angemerkt hat, dass es sich vor 500 oder 5000 Leuten schon besser anfühlt, die Entscheidung für die Musik und gegen den Job in der Autowerkstatt oder am Bankschalter getroffen zu haben.


Deshalb mein Appell: Geht raus und schaut euch für kleines Geld unbekannte Bands an. Mit Glück erlebt ihr ein tolles Konzert, hört neue Musik und trefft nette Menschen. Im schlechtesten Falle trinkt ihr zwei Bier, lästert über die beknackte Frisur des Bassisten und geht nach Hause. Besser als in ner schlechten Bar zu sitzen, überteuerte Drinks zu trinken und belangloses Loungegedudel zu hören, ist es allemal.



Es gibt wohl keine andere Band, die sich eine 20-jährige Schaffenspause erlaubt hat und dann mal eben so aus dem Nichts ein wirklich grandioses Album abliefert.


Here Before“ von "The Feelies" zu hören, ist so, als wenn ein langjähriger Kumpel, zu dem man nur noch sporadischen Kontakt über Facebook oder anderen Fern-Medien hat, plötzlich für einen Abend ins Haus schneit, um bei einem guten Whisky über alte Zeiten zu plaudern. Jeder kennt dieses Gefühl, wenn einem eigentlich Fernes plötzlich so vertraut vorkommt als sei es nie weg gewesen. Und genauso geht es mir mit dem feinen Album hier.


The Feelies sind eine sehr scheue Band, in den 70ern und 80ern, zu ihrem musikalischem Peak, sind sie nur selten und ungern aufgetreten. Sie hatten keinen großen Bock auf Ruhm und wollten einfach nur ihre Musik machen. Sympathiepunkte sammeln sie auch weiterhin, denn die schön-schrabbeligen Gitarren und der scheinbar unmelodische 80s-typische-Gesang ergibt mit „Here Before“ ein richtig eingängiges Werk und lässt das Genre Indierock so herrlich schön ehrlich wirken. Fast schon poppig wird es mit den Anspieltipps “Nobody Knows" und „Way Down“.


Mein absoluter Favorit des Albums ist aber der Song „Time Is Right“ bei dem die Gitarren noch etwas munterer sprudeln:


The Feelies können mit ihrem Album aus dem Jahr 2011 also immer noch so begeistern wie damals. Und um noch mal auf das beeindruckend lange Bestehen der Band und die ewig-lange Schaffenspause zurück zu kommen hier ein kleiner Vergleich:


The Feelies – „Crazy Rythms“ 1978


The Feelies – „Crazy Rythms“ 2013


Den Song und die Protagonisten erkennt man, wenn man kaum wieder. Dennoch – The Feelies sind, auch heutzutage in ihren weiten, braunen Cordhosen und "leicht" betagt deutlich cooler als so manche Indie-Retortenband, die nicht mal ein Zehntel an zeitlicher Bandgeschichte vorweisen kann.

Der Soundtrack für den technoiden Hochkultur-Avantgardisten


Hört mir auf über das Leben in der Großstadt zu meckern. All das Gejammere zu den hohen Mieten, den fehlenden Parks und dem vermeintlich ach so beengten Leben. In einer Großstadt kann man auf einen Freitag Abend einen virtuosen Menschen namens Gregor Schwellenbach erleben, der die größten Hits des Kölner Vorzeigelabels Kompakt spielt - auf dem Klavier. Mit dem Rücken zum Publikum. Und dazu die schönsten Anekdoten aus 20 Jahre Techno aus Kölner Perspektive erzählt. Und einem dabei charmant die Wichtigkeit des sogenannten "Triolischen Achtel" im Kontext des Schaffeltechnos näher bringt. Bei allem Respekt - das wird in Bruchsal so schnell nicht passieren.


Aber eins nach dem anderen. Kompakt ist 20 Jahre alt geworden. Das ist zum Einen ein Stück sehr erfreuliche Konstante im kaum überschaubaren Labelwirrwarr und zum anderen verkörpert das Label mit diesem Jubiläum durchaus ein Stück deutsche Musikgeschichte. Gregor Schwellenbach nimmt sich der verantwortungsvollen Aufgabe an, dieses Ereignis musikalisch zu würdigen, in dem er eine Reihe toller Kompakt Veröffentlichungen vor allem - aber nicht nur - auf dem Klavier einspielt. Bei manchen Tracks läßt er sich von einem Orchester oder auch nur einer Blockflöte unterstützen.



Das klingt toll und überhaupt nicht nach Clubsounds, sondern nach moderner klassischer Musik, die eigentlich in die großen Konzertsäle dieser Welt gehört. “Vision 03“ beispielsweise - das mir schon im Original seinerzeit die Tränen in die Augen getrieben hat - ist in der Klaviervariante so schön und emotional ergreifend, dass meine Frau und ich im Konzert mit geschlossenen Augen dastanden und nichts als geniessen konnten. Departures interpretiert die Dramatik des Techno so treibend, dass ich mich an die Vertonung eines krassen Stummfilms von 1922 erinnert fühle.


Viele Stücke sind recht experimentell und sind auch keine leichte Kost. "Gong Audio" zum Beispiel stellt den Gongloop sehr in den Vordergrund und entwickelt damit eine beklemmende Stimmung, ähnlich mancher Detroit Techno Platte von Carl Craig oder Moritz von Oswald. So auch "Domino" von Oxia - hier ist es die Violine, die den Zuhörer packt. Dagegen bauen Tracks wie "Everlasting" von Kaito, "Vision 03" oder "one two three no gravity" eine eher entspanntere Stimmung auf, die dem Album als Ganzes gut tun. Ich rate dringend davon ab nur einzelne Tracks  zu kaufen. Das würde dem Album - und damit eurem Hörerlebnis - die Dramatik, den Anspruch und vor allem die Ausgewogenheit nehmen. Und ihr würdet euch um ein tolles Stück Cover Artwork , inklusive der Klaviernoten zu allen Stücken und einem umfangreichen Booklet, bringen.


Zum Schluss stellt sich die Frage zu welchem Anlass man diese Musik wohl hören möge? Da gibt es diverse Gelegenheiten. Wer den verehrten Schwarm beim ersten Date oder den überraschten Freundeskreis vom eigenen intellektuellen Anspruch überzeugen möchte, der findet damit den passenden Soundtrack. Wer alleine am See spazieren möchte auch. Und wer auf der Couch sitzen will und das Bedürfnis hat, guter Klaviermusik zuzuhören - so wie ich - dem wird das Album auch viel Freude bereiten. Vor allem dann, wenn man - so wie ich - danach die alten Kompakt Total Sampler aus dem CD Regal holt, um die Originalversionen auch mal wieder zu hören. Bei der Gelegenheit: Wann legen Michael Mayer, Superpitcher oder Justus Köhncke mal wieder in Hamburg auf?



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